Jahresbericht 2011 aus Argentinien

Ezeiza, Dezember 2011

Liebe Freunde der JWS,

wir erwähnten schon in vorigen Berichten, dass uns das Jahr 2011 mit vielen Herausforderungen und einer sehr schwierigen wirtschaftlichen Lage begegnen wuerde. Diese Tatsache bestätigte sich insofern, dass wir vorerst keine finanzielle Unterstützung vom Staat erhalten haben und somit keine Sozialarbeiterin, bzw. keinen Koordinator oder Workshopleiter und Lehrer einstellen konnten.

Das gesamte Jahr über war unsere Arbeit sehr begrenzt und nicht immer einfach. Dementsprechend gab es folgende Aktivitäten mit zuständigen freiwilligen Helfern und Mitarbeitern:

– Den Kindergarten, der von den  Erzieherinnen Miriam und Silvia geleitet wird

– Den Altkleiderverkauf mit den beiden Frauen aus dem Barrio (Viertel) Griselda und Blanca

– Die Feria am Nachmittag von der „Defensoria“ (die „Defensoria“ ist eine Frauengruppe, die sich fuer die Rechte der Frauen einsetzt) organisiert.

– Angebote fuer Kinder, die von unserer Freiwilligen Maria geleitet werden: zu einem das Armbänderknüpfen und freies Spielen in der Bibliothek, sowie seit kurzem einmal die Woche eine Mädchengruppe im Alter von ungefähr 9 bis 12 Jahren.

Der Kindergarten des Sembradors ist von montags bis freitags geöffnet. Für den Kindergarten können wir glücklicherweise mit staatlicher Hilfe rechnen, so dass die Arbeit auch für Freiwillige zur Tradition geworden ist.

Die Kinder bei der Ankunft

Jeden Nachmittag von 13.00-17.00Uhr kommen bis zu 30 Kinder im Alter von 4-6 Jahren, um gemeinsam zu singen, zu tanzen, zu spielen, zu basteln, zu malen, zu essen und u.a. die Buchstaben, Zahlen, sowie Verkehrsmittel- und schilder kennenzulernen.

Zudem gibt es immer wieder besondere Anlässe, wie z.B. das Frühlingsfest („Fiesta de la Primavera“), wofür wir dieses Jahr mit den Kindern Verkleidung gebastelt und im Park draußen ein Picknick mit Panchos (Hot Dogs) gemacht haben. Wir feiern mit den Kindern Geburtstag und studierten einen Tanz für das Abschlussfest ein, da die ältesten Kinder, nach den Sommerferien im März eingeschult werden.

Besonders geprägt ist der Kindergarten durch das viele Singen – es gibt Willkommens- und Abschiedslieder, Lieder, wenn die Kinder aufräumen müssen, wenn sie spielen dürfen oder es merienda gibt (merienda ist hier das Essen am Nachmittag, was meistens aus süßen Keksen und Saft besteht).

Im Kindergarten

Außerdem sind viele Dinge im Vergleich zu deutschen Kindergärten recht anders. Zum Beispiel wird hier die argentinische Flagge gehisst und die Kinder tragen alle Uniform.

Zur Begrüßung und Verabschiedung bekommen alle Kinder einen dicken Schmatzer von den beiden Erzieherinnen auf die Backe und es gibt recht strenge Erziehungsmaßnahmen. Wer beispielsweise die Regeln nicht einhält wird für eine Weile vom Spielen ausgeschlossen und muss in die Ecke stehen. Man darf hier jedoch nicht vergessen, dass die Kinder teilweise aus schwierigen Familiensituationen und ärmlichen Verhältnissen kommen und deswegen etwas strenger mit ihnen gehandhabt werden muss.

Manche Kinder sind beim Essen und Spielen oft besitzergreifend, egoistisch und aggressiv und manche können gar nicht richtig spielen, weil sie keine Spielsachen zu Hause haben und es nie gelernt haben zu spielen. Stattdessen suchen sie sehr viel Körpernähe bei den Erzieherinnen und unserer Voluntärin, weil sie vermutlich nicht genügend Wertschätzung und Liebe zu Hause erfahren.

Besonders beschäftigen uns die beiden Zwillinge Brisa und Abril, die von den Eltern nur mit „melli“ (Zwilling) angesprochen werden und daher jeweils nicht wissen wie sie heißen und Schwierigkeiten mit ihrer Identitaet haben. So versuchen wir  den beiden beizubringen, wie sie wirklich heißen, so dass sie, obwohl sie gleich aussehen verstehen, dass jede von beiden ein anderer Mensch ist und ihre eigene Identität hat!

Kleiderkammer

Der Kleiderverkauf findet immer Dienstag und Donnerstag vormittags von 10.00-12.00 Uhr statt. Es wird gebrauchte Kleidung zu einem günstigen Preis für die Barriobewohner verkauft, womit sich die beiden Frauen aus dem Barrio, Griselda und Blanca selbst auch noch ein wenig Geld verdienen können.

Zum gleichen Zeitpunkt können Kinder kommen und die Bibliothek nutzen. Dort bietet unsere Voluntärin Armbänder zu knüpfen an und es kann gelesen, gemalt, gebastelt, gespielt oder die Computer genützt werden.

Die Frauen der Defensoria  veranstalten ihre Feria Dientsag und Donnertsag nachmittags,bei der es außer Kleidung auch noch Schmuck und Essen zu kaufen gibt.

Die Mädchengruppe findet immer einmal die Woche 2 Stunden am Freitag statt. Die Gruppe besteht aus ungefähr sieben Mädchen, die die Möglichkeit haben die Angebote unserer Voluntärin, wie zu basteln, malen, zu singen, zu tanzen, spielen, zu backen und zu kochen wahrzunehmen.

Gemeinsam einen Obstsalat zuzubereiten oder Weihnachtsplätzchen zu backen macht den Mädels sehr viel Spaß und sie haben so die Gelegenheit etwas zu tun, was sie vielleicht zu Hause nicht machen können oder dürfen.

Für das Jahr 2011 wurden wir von der Jürgen Wahn Stiftung, verschiedenen Freunden des Sembradors unterstützt. Damit konnten wir die Kosten der Gebäudeinstandhaltung und der Arbeit im Kindergarten decken (Arbeitsmaterial und Lebesnmittel fuer die Kinder ). Dafür danken wir Ihnen sehr!

Zusätzlich erhalten wir vom Staat kontinuierlich die Gehälter für unsere beiden Erzieherinnen im Kindergarten.

Für weiterer Aktivitäten jedoch, bzw. für die Arbeit mit Frauen und Jugendlichen standen uns dieses Jahr die finanziellen Mittel nicht zur Verfügung. Wir warten daher darauf, dass wir mit der vom argentinischen Staat versicherten Unterstützung endlich rechnen können. Seit ueber drei Jahren kaempfen wir darum!

Mit diesen Geldern wollen wir 2012 eine Sozialarbeiterin einsetzen, die mit  Jugendlichen und Familien aus dem Barrio in Ezeiza arbeiten soll.

Geplant sind künstlerische Angebote, ein Musikworkshop, Nachhilfe, sowie Orientierung und Zusammensein der Jugendlichen. Vorgesehen sind diese Angebote für die Samstage.

In diesem Sinne möchten wir uns nochmal ganz herzlich für ihre Unterstützung bedanken und sind gespannt was wir nächstes Jahr berichten können!

Sonnige Grüße von der Gemeinschaft El Sembrador in Ezeiza

Cristina Kilian