Allgäu Orient Rallye 10.05.2011 – 14.05.2011 11.-15. Tag

Allgäu Orient Rallye 10.05.2011 11. Tag

Nachdem wir gestern seit 13:00 Uhr den Tag mit Warten im Hafen von TASUCU verbracht haben, ging es gegen 21:00 Uhr mit der Verladung der Autos los. Insgesamt wurden die über 300 Fahrzeuge auf 3 Fähren verladen. Mit Zoll, Grenzkontrolle und Verladen verlies unser Schiff dann endlich um 3:00 Uhr den Hafen. Überall auf dem Personendeck versuchten sich die Rallyeteilnehmer die Nacht so bequem wie möglich zu machen. Dieses war auf den Sitzen, auch wenn man teilwiese 2 Sitze belegen konnte,
nicht wirklich gemütlich. Teilweise wurde mit Isomatte und Schlafsack auf dem
Fußboden geschlafen. Die Überfahrt dauerte bis um 9:00 Uhr. Danach begannen die
Grenzformalitäten.

Und nun erlebte auch das Rallye-OK seine Überraschung. Wir wurde vom Nordzyprischen Classic-Automobil-Verband herzlich empfangen. Jeder Teilnehmer bekam bei der Hafenausfahrt ein kleines Frühstück gereicht. Dazu gab es Informationsmaterial über Nordzypern und ein ausführliches Tagesprogramm. Zunächst ging es mit einer Polizeieskorte hinter einem schönen alten Jaguar her in das Ortszentrum. Dort gab es Volkstanz und Ansprachen. Neben dem Bürgermeister und dem Minister, der für den Tourismus zuständig ist, war auch das Staatsoberhaupt gekommen. Wir waren Gäste von Nordzypern. Dazu muss man wissen, dass Nordzypern bisher nur von der Türkei völkerrechtlich anerkannt ist. Südzypern hingegen ist Mitglied der EU. Also wurde die Veranstaltung von der Regierung auch für Propagandazwecke genutzt und um Anerkennung geworben.

Der hiesige Rallyeverein hatte eine Tagesrundfahrt mit verschiedenen Stopps geplant. Das Programm war bis 19:00 Uhr mit reichlich Punkte ausgefüllt. Nach einer Fahrt durch die herrliche Berglandschaft wurde in einem kleinen Ort angehalten. Die Dorfbevölkerung hatte in der kurzen Zeit den Dorfplatz hergerichtet. Die Bevölkerung begrüßte uns überall sehr herzlich. Kinder des Ortes zeigten uns wieder ein paar Volkstänze. Die Mütter hatten Stände mit heimischen Leckereien aufgebaut. Erfrischende Getränke standen allen zur Verfügung. Dieses wurde von den Rallyefahrern dankbar angenommen. Alles schmeckte uns super gut. So haben wir auch gerne die aufgestellten Sammeldosen mit einen angemessenen Spende gefüllt.

Da wir zeitlich schon reichlich hinter dem Zeitplan her hingen, musste ein Besichtigungspunkt gestrichen werden. Abschließend ging es in Kolonnenfahrt weiter  nach Nikosia. Auch dort wurden wir herzlich empfangen. Wieder gab es Spezialitäten zu essen und Erfrischungsgetränke, die bei dem heißen Tag gerne angenommen wurden. Eine Musikband spielte tolle Musik und natürlich gab es wieder Volkstänze. Alle Rallyeteilnehmer waren von dem Tag sehr angetan. Die herzliche Aufnahme durch die Nordzyprioten war ebenso Gesprächsstoff wie die Organisation der Rundfahrt durch das schöne Land. Überall gab es Polizeisperren, denn es musste ja ein Lindwurm von mind. 100 Fahrzeugen durch das Land geleitet werden. Leider haben nicht alle Teilnehmer dieses tolle Angebot angenommen und den Tag anderweitig verbracht. Ein Lob dem Zypriotischen Organisatoren. Wir konnten die Frage, die unter uns kreiste, nicht beantworten: Hätten wir Deutschen für ein paar verrückte Zyprioten einen solchen Event in zwei Tagen auf die Reihe bekommen? Hätte unsere Polizei dafür auch nicht die
Straßen gesperrt?

Gegen 20:30 Uhr begann dann das Einschiffen. Die Fahrt nach Port Said soll zwischen 22 und 28 Stunden dauern. Wir haben ja nicht die schnellsten Schiffe. Das Einschiffen endete um 23:00 Uhr, aber wegen irgendwelcher Probleme mit den Passagierlisten kamen wir
erst um 03:00 Uhr früh los.

Allgäu Orient Rallye 11.05.2011 12. Tag 1. Seetag

Heute sollten wir eigentlich unser Ziel, das 1001- Sterne Hotel im Wadi Rum, Jordanien, erreichen, aber…. was machen wir, eine Kreuzfahrt von Zypern nach Ägypten und es ist ein Tag auf See eingelegt. Aber ohne Kapitänsdinner und Unterhaltungsprogramm, dafür ein mit jeweils 2 Toiletten überbelegtes Fährschiff. Wir hoffen, dass unser Proviant an
Wasser und Nahrung bis nach Ägypten ausreicht. Also strecken wir den Proviant, denn um 9:00 Uhr Ortszeit „kreuzen“ wir nach bisher 6 Stunden Fahrt immer noch an der Nordküste Zyperns. Zum Glück haben wir das Anschlusshotel in PETRA storniert und wir werden sehen, wie es weitergeht.

Schlechte Nachrichten.
Dank unserer GPS-Ausrüstung und Google-Earth haben wir unsere Position im Mittelmeer bestimmt. Zum Zielhafen sind es um 17:00 Uhr noch rd. 440 km. Das bedeutet bei einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 16 km/h noch 27,5 Stunden Fahrzeit. Keiner weiß warum die 3 Schiffe so langsam fahren. Können sie nicht schneller? Diese fast doppelt so lange Fahrzeit erzeugt eine gewisse Unruhe weil keiner darauf eingestellt war. Zudem waren die Toiletten schon einmal verstopft. Die Ankunft und unser Jordanienprogramm verschieben sich immer mehr. Teilweise hatten einige Mitfahrer ihren Rückflug ja schon für den 13.5. oder 14.5 gebucht. Wir müssen das Beste aus der Situation machen. Schau´n wir mal.

Allgäu Orient Rallye 12.05.2011 13. Tag 2. Seetag

Zum Glück ist die See relativ ruhig und die Sonne scheint. Der Tag verstreicht mit Lesen, Kartenspielen oder Abwarten. Da wir kein Handynetz haben, können wir auch unsere Angehörigen nicht benachrichtigen. An das Versenden dieses Blogs ist schon gar nicht zu denken. Was denken unsere Lieben zu Hause? Wird damit gerechnet, dass die Überfahrt
länger dauern kann? Beim Einschiffen haben wir von einem Tag Seereise gesprochen.

Gegen 19:00 Uhr nimmt unser Schiff plötzlich keine Fahrt mehr auf. Die Durchsage von Walter vom OK beunruhigt uns. Die Ägypter wollen uns nicht einreisen lassen. Wir befinden uns kurz vor den Hoheitsgewässern. Wilfried, der Chef des Ganzen, befindet sich auf dem anderen Schiff und versucht per Funk und Satellitentelefon eine Einreise zu
erwirken. Angeblich soll sogar das Jordanische Königshaus in Ägypten intervenieren. So müssen wir abwarten. Da wir in der Nähe Ägyptens sind haben wir auch teilweise Handyempfang. Schnell werden ein paar SMS geschrieben und versucht zu senden.  Da die Schiffe kreisen klappt es irgendwann. So weiß zumindest meine Frau, dass wir vor
Ägypten in Wartestellung sind. Mehr war nicht möglich. Gegen 21:00 Uhr kommt die Schreckensmeldung: Wir müssen zurück nach Nordzypern oder nach Mersin in der Türkei. Alle sind geschockt. Nichts mit Jordanien, nicht mit Ausspannen und nichts mit einem Rückflug. Was passiert mit den Autos? Müssen wir die mit nach Hause nehmen? Mit dieser Ungewissheit und der Aussage, dass die Fahrt ca. 30 Stunden dauern soll, vergraben wir uns in unsere Schlafsäcke und versuchen auf dem Boden oder quer auf den Sitzen die dritte Nacht zu verbringen. Zudem wird nun die Bordverpflegung rationiert. Jeder bekommt eine 1,5 l Flasche Wasser pro Tag. Da nicht alle Ihre Autos an Bord haben, auch unsere Fahrzeuge sind auf einem anderen Schiff, sieht es mit eigener Verpflegung und Wechselwäsche sehr dürftig aus. Ich habe noch ein Päckchen Pumpernickel mit dem ich mich die zwei Tage durchschlagen werden. Da es auch nur minimale Waschgelegenheiten gibt sind die menschlichen Ausdünstungen überall gegenwärtig. Nur mit Deo geht es halt nach nunmehr 3 Schiffsnächten nicht.

Allgäu Orient Rallye 13.05.2011 14. Tag 3. Seetag

Der 3. Seetag beginnt mit der Durchsage, dass es in einer halben Stunde für jeden in der Küche eine Suppe und ein Stück Brot gibt. Da nicht jeder ein Gefäß hat, werden leere Wasserflaschen durchgeschnitten.  Mit anderen Rallyefahrern wird dann diskutiert: Wenn eine Fähre ein Land verlässt, so muss doch die Einreise im Zielland bestätigt sein. Hat hier keine Genehmigung vorgelegen? Hat es in Ägypten andere Gründe der Abweisung gegeben? Wie kann sich das OK in Ankara hinstellen und sagen, dass alle mit der Fähre über Zypern nach Jordanien kommen? Dafür werden auch noch pro Person 330 Euro nachgefordert und es ergeht der Hinweis, dass die Türkei rd. 200000 Euro dazu legt. Hat sich das OK vor die Propaganda der Türkei, wir sind auch Europäer und wollen in die EU, spannen lassen? Nicht umsonst hat uns in Ankara der Europaminister der Türkei vor dem Hintergrund, das am 9.5. Europatag in der Türkei ist, begrüßt. Bekommen wir die bezahlten Kosten des Jordanienpaketes zurück? Können die bezahlten Rückflugkosten aus Amman durch Stornierung reduziert werden? Was machen wir mit den Autos? Fahren wir zurück oder werden sie unterwegs verkauft, verschenkt oder aufgegeben? Wie verhält sich das mit dem Zoll? Wäre mit offenen Karten gespielt worden, hätten wir dann unter diesen Bedingungen die Rallye in der Türkei gestoppt und wären nach Hause gefahren? Letzteres kann von unserer Seite mit einem klaren JA beantwortet werden. Unser Fazit ist schon jetzt: Dies war sicherlich die letzte Allgäu Orient Rallye. Ausgangspunkt war sicherlich die
Situation in Syrien, für die keiner etwas kann. Aber das OK muss und wird sich fragen lassen müssen, ob es richtig auf die Situation reagiert hat.

Es gibt sicherlich noch viel Gesprächsstoff. Wir haben ja auch noch mehr als 24 Stunden vor uns und somit genug Zeit zum Diskutieren. Leider können diese Gedanken nicht in die Heimat geschickt werden. Dazu müssen wir erst wieder online sein. Aber so könnt ihr
hinterher in einem Zuge „genießen“ wie wir uns fühlen. Denkt immer daran: Wenn einer eine Reise tut, dann…

Gegen 22:00 Uhr sind wir so nahe an Zypern, dass die Handys sich wieder ins Netz einbuchen können. Auf dem Deck stehen alle nebeneinander und setzen vorbereitete SMS-Nachrichten ab. So werden die ersten Sorgen der Daheimgebliebenen beruhigt. Etwas später klappt dann auch ein kurzes Telefonat. Fast alle 250 Passagiere haben ihr Handy am Netz. Da freuen sich die Telefonnetzbetreiber. Aber das ist in diesem Augenblick egal.
Zu meinem Erstaunen war meine Frau bereits über unsere Irrfahrt informiert. Dank des Internets und Facebook hatten sich die Daheimgebliebenen untereinander die Informationen zu gemeldet. Einzelne Teams hatten GPS-Positionsrückmeldungen in ihren Fahrzeugen und sofern Handynetz bestand, wurden die Koordinaten nach Hause geschickt. Da wir kurzzeitig im Ägyptischen Netzbereich waren, konnte man so das Kreisen der Schiffe und die Umkehr erkennen.

Allgäu Orient Rallye 14.05.2011 15. Tag 4. Seetag

Alle sind froh, dass der letzte Seetag angebrochen ist. Endlich werden Isomatten und Schlafsäcke zusammengerollt. Walter vom OK macht wieder die Frühstücksdurchsage und es regnet. Jetzt sind es nur noch ein paar Meilen und wir können endlich wieder Autofahren. Aber wohin? Das ist noch nicht klar. Bleiben die Autos in der Türkei? Wir  warten auf die angekündigte nächste Aussage vom OK.

Gerade kommt die Durchsage: Die Hilfsgüter werden in einem Depot zwischengelagert. Es wird versucht die Sachen evtl. irgendwie nach Syrien zu bringen. Wenn nicht, wird ersucht über eine Türkische Hilfsorganisation, die Güter dort Bedürftigen zukommen zu lassen. Die Autos sollen auf einem besonderen Parkplatz am Flughafen zwischen gelagert werden. Sie können zu Hause abgemeldet werden und der Brief soll dann zum OK geschickt werden, damit die Autos ausgetragen werden können.

Gegen 11:00 Uhr endlich wieder Land unter den Füssen. Da unsere Autos in einer anderen Fähre gefahren sind, müssen wir noch mit einem Shuttlebus zum anderen Fährhafen um die Autos abzuholen. Und schon haben wir wieder den blöden Stempel mit dem Auto im Pass. Normalerweise kann man nun ohne Auto das Land nicht mehr verlassen oder man muss Zoll bezahlen. Das Rallye-OK hat aber angeblich eine Regel getroffen (mit wem auch immer): Wir können auch ohne das Auto die Türkei verlassen und in Deutschland die Autos abmelden. Dann sollen wir die Papiere nach Wilfried schicken und die Autos würden ausgetragen. Somit sei kein Zoll fällig. Wir sind nach diesen Erfahrungen (ja, wir kommen alle nach Jordanien usw. ) vorsichtig geworden und entscheiden uns für einen anderen Weg. Wir bringen die Autos aus der Türkei nach Griechenland in die EU. Dort werden sie bei einem Bekannten eines Freundes zwischengelagert und evtl. verkauft. Aber wir haben das Zollproblem nicht. Für die Fahrt nach Nordgriechenland benötigen wir in aller Ruhe 2 Tage. Am Dienstag geht auch ein Flieger nach Dortmund und wir kommen,
wie geplant, zurück. Da wir leider nicht aus Jordanien kommen, haben wir das Hauptziel unserer Reise nicht erreicht.

Wir haben viel erlebt. Die politischen Wirrungen um Syrien haben uns einen großen Stein in den Weg der Rallye gelegt und es ist bis jetzt noch nicht klar, warum wir nicht über
Ägypten unser Ziel anfahren durften. Dieses gilt es in den nächsten Tagen aufzuarbeiten. Hierzu wird sicherlich in den einschlägigen Internetforen reichlich geschrieben werden. Falls nicht besonderes mehr passiert, ist dies bis zu meiner Rückkehr der letzte Eintrag zur Allgäu Orient Rallye 2011.

Eines möchte ich noch anmerken:
Auf dem Schiff hatte ich Zeit um mit den Teams zu sprechen, die über Albanien gefahren sind und in Velipoje bei Schwester Juditha Hilfsgüter abgegeben haben. Alle Teams waren begeistert von der freundlichen Aufnahme und äußerten sich lobend über diese Arbeit vor Ort. So hat zumindest das Albanienprojekt der Jürgen Wahn Stiftung von der diesjährigen Rallye profitiert. Ich danke allen, die dort vorbeigefahren sind, insbesondere Alfred vom Team „Schnitzelalm“ und Marek vom Team „Gelbes Band“. Die anderen kann ich leider nicht mehr zuordnen. Aber auch ohne Namensnennung hier noch einmal der Dank der Jürgen Wahn Stiftung.